Jetzt ist es schon über vier Jahre her, dass ich meine Rezension über Michael Pflaums Exerzitien der Nächstenliebe geschrieben habe. Die Grundthese des Buchs: Die drei Wege Gewaltfreie Kommunikation (GFK), Naikan und The Work bieten ein gutes methodisches Rüstzeug, um das, was Jesus lehrte, im Alltag auch tatsächlich umsetzen zu können: sich selbst und den Nächsten zu lieben, nicht zu richten, zu vergeben.
In einer kleinen Übungsgruppe habe ich dann mit dem Exerzitien-Buch gearbeitet und dafür zusammengefasst, in welcher Weise die drei Wege einen Beitrag zur Umsetzung jesuanischer Ethik leisten. Die Zusammenstellung lag schon lange in meiner Schublade, nun will ich sie endlich hier noch in den Blog stellen. Es sind nur Stichpunkte und Voraussetzung zum Verstehen ist die Kenntnis der drei Wege.
Mittlerweile habe ich Michael Pflaum kennen- und schätzen gelernt. Er hat übrigens einen kleinen Ergänzungsband zu den Exerzitien der Nächstenliebe geschrieben und zudem die Exerzitien der Selbstliebe veröffentlicht, die ein neues Verständnis von Ego und Selbst in Rückgriff auf Richard Schwartz‘ „Inneres Familien System“ bieten.
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Liebesgebot
Jesus antwortete ihm:
»›Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben
mit deinem ganzen Herzen,
mit deiner ganzen Seele
und mit deinem ganzen Willen.‹
Dies ist das größte
und wichtigste Gebot.
Aber das zweite Gebot ist genauso wichtig:
›Liebe deinen Mitmenschen wie dich selbst.‹«
(Matthäus 22,27-39)
GFK
Grundlegende Bedeutung der Empathie, 1. und 2. Säule der GFK.
Nächstenliebe: Die Bedürfnisse des Anderen sehen können. Giraffenohren nach außen.
Sebstliebe: Sich mit den eigenen Bedürfnissen verbinden können. Giraffenohren nach innen.
Naikan
Die beiden ersten Naikan-Fragen machen den Fluss des gegenseitigen Gebens und Nehmens deutlich.
The Work:
Die Umkehrung zum Anderen kann die Nächstenliebe fördern, die Umkehrung zu mir die Selbstliebe.
Die Goldene Regel
Genau so,
wie ihr behandelt werden wollt,
behandelt auch die anderen!
(Matthäus 7, 12a)
GFK
Gleichwertigkeit der Bedürfnisse – meine und die des Anderen. Beide Bedürfnisse gilt es zu würdigen.
Naikan
Gegenseitigkeit des Nehmens und Gebens (1. und 2. Naikan-Frage) und die Erkenntnis, dass ich dem Anderen auch Schwierigkeiten bereite (3. Naikan-Frage).
The Work:
Perspektivwechsel, der durch die drei Umkehrungen möglich werden kann. Durch die Umkehurung zum Anderen schaue ich mich vom Blickpunkt des Anderen an, durch die Umkehrung zu mir nehme ich Verantwortung für meine Bedüfnisse wahr.
Vergebung
Und vergib uns unsere Schuld,
denn auch wir vergeben allen,
die uns gegenüber schuldig werden.
(Lukas 11, 4)
GFK
Unterscheidung von Strategie und Bedürfnis: Die zur Verletzung führenden Strategien waren unangemessen, doch die zugrundeliegenden Bedürfnisse sind legitim.
Naikan
Naikan fördert die Dankbarkeit und die Dankbarkeit fördert wiederum die Voraussetzung, vergeben zu können.
The Work
Vergeben kann ich nur, wenn ich keinen Groll mehr hege. Durch den Work-Prozess kann der Groll meiner „Wolfssätze“ (GFK) bzw. der Groll über die nicht existente „4. Naikan-Frage“ aufgelöst werden.
Die Dinge sehen, wie sie sind und nicht, wie ich denke, dass sie seien.
Eine Voraussetzung für all das Genannte ist, dass ich versuche, die Dinge so zu sehen, wie sie sind – und nicht, wie ich meine, wie sie seien. Ich führe diesen Punkt auch noch hier auf, da er eine Qualität geistlicher Übung beschreibt.
GFK
Die zentrale Bedeutung des 1. Schritts (Unterscheidung von Beobachtung und Interpretation), auch die des 2. Schritts (Unterscheidung von Gedanken und Gefühlen).
Naikan
Durch die systematische „Inventur“.
The Work
Ganz grundsätzlich: Das Erkennen meiner Projektionen.
Durch das Beharren der 2. Frage.